×

Arbeitsgericht: Soziale Dimension muss bei einer Kündigung zwingend berücksichtigt werden

Soll ein Arbeitnehmer wegen häufiger Erkrankung gekündigt werden, bedarf es regelmäßig einer Überprüfung der sozialen Dimension. Ob eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses diesbezüglich gerechtfertigt ist, hängt einerseits von der Dauer Betriebszugehörigkeit des Beschäftigten, andererseits aber auch vom Krankheitsstand während dieses gesamten Zeitraums ab. Zudem muss überprüft werden, welche Gründe den häufigen Fehlzeiten zugrunde liegen. Handelt es sich dabei beispielsweise um eine Berufserkrankung, die aus jahrzehntelang schwerer Arbeit hervorgeht, wiegt dies bei der Abwägung besonders schwer. Dies urteilte jüngst das Arbeitsgericht Heilbronn und hob eine Kündigung auf, die zwar aufgrund der negativen Gesundheitsprognose und der finanziellen Auswirkungen der oftmaligen Krankheit des Angestellten auf den Betrieb angemessen war. Allerdings sei sie sozial nicht vertretbar gewesen, weil der Beschäftigte vor seiner Krankheit zuverlässig und über einen sehr langen Zeitraum der Firma angehörig war. Auch stand eine baldige Berentung bevor, die die Kündigung ebenfalls sozial unverhältnismäßig machte. Insofern hätte durch den Vorgesetzten geprüft werden müssen, ob nicht alternative Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, um den Zeitraum bis zur Altersruhe zu überbrücken. Grundsätzlich bestehe die Pflicht, innerbetrieblich auszuloten, ob eine Aufgabe gefunden werden kann, mit der eine Kündigung abgewendet wird.

Autor: Dennis Riehle, Sozialberater

Quelle: Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 21.03.2023 (veröffentlicht am 12.09.2023), Az.: 8 Ca 328/22

Dennis Riehle

Psychologischer, Integrations-, Ernährungs-, Familien- und Seniorenberater

Öffentliches, Bürgerliches, Pflege-, Personal- und Sozialrecht (zertifiziert)

Vermutung über Benachteiligung wegen einer Schwerbehinderung bedarf keiner konkreten Anhaltspunkte

Die Nichteinbeziehung des Betriebsrates in einem Unternehmen bei Entscheidungen über einen schwerbehinderten Arbeitnehmer ist stets ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Entsprechend entstehen mögliche Entschädigungsansprüche, sobald ein Bewerber oder Mitarbeiter die Vermutung über einen Verstoß gegen die Verfahrens- und Förderpflichten durch einen Vorgesetzten hegt. Hat die als

schwerbehindert anerkannte oder mit dieser gleichgestellte Person keinen Einblick in die entsprechenden Abläufe innerhalb eines Betriebes, genügt zur Ingangsetzung eines rechtlichen Überprüfungsverfahrens möglicher Versäumnisse die Annahme hierüber. Der sich im Unrecht fühlende Jobanwärter oder Beschäftigte muss regelmäßig keine konkreten Anhaltspunkte vorbringen, um die Überzeugungen entsprechen zu beweisen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einer aktuellen Entscheidung unterstrichen und damit die Rechte von (schwer-)behinderten Menschen gegenüber dem Chef gestärkt. Es obliegt sodann dem Beklagten, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu widerlegen. Insbesondere hat er darzulegen, dass es nicht vornehmlich die (Schwer-)Behinderteneigenschaft war, die zu einer ungünstigen Entscheidung oder nachrangingen Berücksichtigung des betroffenen Arbeitnehmers oder Bewerbers geführt hat.

Autor: Dennis Riehle, Sozialberater

Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.06.2023 (veröffentlicht am 19.09.2023), Az.: 8 AZR 136/22

Dennis Riehle

Psychologischer, Sozial-, Familien-, Integrations- und Ernährungsberater

Grundlagenmedizin (zertifiziert), Digitale Prävention und Gesundheitsförderung (zertifiziert)

Öffentliches, Bürgerliches, Pflege-, Personal- und Sozialrecht (zertifiziert)

Begleitpersonen für Patienten im stationären Aufenthalt können ab November 2022 Krankengeld erhalten

 Durch eine Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist es ab 1. November 2022 möglich, dass Begleitpersonen von Menschen mit einer schweren körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung bei einem Krankenhausaufenthalt selbst Krankengeld beziehen können. Damit haben vor allem Angehörige und Bezugspersonen aus dem engsten Umfeld eines Patienten mit schwerer Erkrankung, der sich aufgrund seiner Beeinträchtigung nicht alleine in stationäre Behandlung begeben kann, Ausgleich für Verdienstausfall. Voraussetzung für den Bezug von Krankengeld als Begleitperson ist, dass man diese Begleitung als Familienmitglied oder Nahestehender, nicht aber beruflich, vornimmt.

Zudem müssen beim Patienten selbst folgende Merkmale gegeben sein:

  • Er ist durch seine Behinderung während des Krankenhausaufenthaltes auf eine Bezugsperson angewiesen, die bei der Kommunikation hilft.
  • Die Begleitperson soll ins therapeutische Behandlungskonzept und/oder die nachstationäre Betreuung einbezogen/eingewiesen werden.
  • Der Erkrankte braucht Begleitung, die stationäre Belastungssituation zu meistern und durch sie kooperations- und mitwirkungsfähig zu sein.

Der einweisende Arzt muss in diesem Fall unter Angabe einer dazu passenden Diagnose die Notwendigkeit der Begleitung auf der Verordnung über Krankenhausbehandlung (Einweisungsschein) entsprechend vermerken. Mit diesem Dokument kann die Begleitperson sodann vom Krankenhaus eine Bescheinigung über die Begleitung (Mitaufnahme) für den Arbeitgeber und die Krankenkasse erhalten, die dort jeweils einzureichen ist.

Dennis Riehle, Sozialberater

Quelle: https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen-meldungen/1067/

Dennis Riehle

Martin-Schleyer-Str. 27
78465 Konstanz

Web: www.ehrenamtliche-beratung.de

Mail: mail@ehrenamtliche-beratung.de

Rechtsreport: Bei Fristüberschreitung gilt die Genehmigung als erteilt

MANAGEMENT
Berner, Barbara
Dtsch Arztebl 2018; 115(16): A-776 / B-662 / C-662

Antrag auf Kostenerstattung für die Behandlung mit Botulinum Toxin im Off Label Use

Bitte beachten Sie, dass unsere Produkte urheberrechtlich geschützt sind.

In vielen Fällen gehen die Krankenkassen davon aus, dass die Behandlung von Bewegungsstörungen mit Botulinum-Toxin eine Behandlung außerhalb der zugelassenen Indikation (Off Label Use) darstellt. Bislang waren die Voraussetzungen für die Übernahme der Medikamentenkosten durch die Krankenkassen für diesen Fall lediglich durch die Rechtsprechung (z.B. Bundessozialgericht, Urt. v. 19.03.2001 B 1 KR 37/00 R) definiert worden.

Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz wurde nun erstmalig eine gesetzliche Regelung für den Off Label Use geschaffen. Nachfolgend die wesentlichen Regelungen.

Kostenübernahme (§ 2 Abs. 1 a SGB V): Bezüglich der Kostenübernahme übernimmt der Gesetzestext die Regelung, die durch die Rechtsprechung vorgeschlagen wurde. Damit ergibt sich für die Krankenkassen eine Kostenerstattungspflicht, wenn alle der drei folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Es muss eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung oder zumindest eine wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vorliegen.
  • Es darf keine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung stehen.
  • Es muss eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehen. Der Behandlungserfolg kann kurativ, aber auch palliativ gegeben sein.

Antragstellung (§ 2 Abs. 1 S. 2 SGB V): Bezüglich der Antragstellung für eine Kostenübernahme legt der Gesetzestext fest, dass die Krankenkasse über einen Antrag des Patienten oder Arztes zwingend entscheiden muss. Die Krankenkasse kann nunmehr einen Antrag nicht mehr mit der Begründung ablehnen, dass der behandelnde Arzt über die Therapie entscheiden müsse. Der Antrag muss vor der Behandlung gestellt werden. Es ist zwar zu befürchten, dass viele Ärzte die Therapieentscheidung von einer Kostenübernahmeerklärung abhängig machen und die Krankenkassen damit über ihr Recht auf Rückforderung von Medikamentenkosten vom Arzt (Regress) hinaus, erheblichen Einfluss auf die Therapie des Patienten nehmen können. Für die Ärzte, die jedoch eine Off Label Use-Therapie anstreben, bietet dieses Gesetz jetzt Rechtssicherheit. Die Ärzte müssen bei einer erfolgten Zusage durch die Krankenkasse keinen Regress mehr befürchten. Dies führt zu einer klaren Situation für den behandelnden Arzt und für den Patienten.

Bearbeitungszeiten (§13 Abs. 3a SGB V): Ist kein Gutachten zur Entscheidung durch die Krankenkassen notwendig, muss die Entscheidung innerhalb von drei Wochen erfolgen. Ist ein Gutachten des Medizinischen Dienstes notwendig, was selten der Fall sein dürfte, liegt die Frist bei fünf Wochen. Kann die Krankenkasse diese Fristen nicht einhalten, muss sie dies unter Angabe von Gründen dem Antragsteller mitteilen. Verstreicht die Frist, ohne dass sie verlängert wird, gilt der Antrag als genehmigt.

Haftungsbeschränkungen: Zu beachten ist, dass die Anwendung eines Medikaments im Rahmen des Off Label Use zu einer Einschränkung der Produkthaftpflicht des Medikamentenherstellers führen kann. Daher ist stets auf eine besonders ausführliche Aufklärung zu achten.

Simone Vogt Prof. Dr. Dirk Dressler Dr. F. Adib Saberi
Fachanwältin für Medizinrecht
Raffelsieper & Partner GbR
Leiter Bereich Bewegungsstörungen
Klinik f. Neurologie
Medizinische Hochschule Hannover
Nervenärztin
IAB – Interdisziplinärer Arbeitskreis Bewegungsstörungen

————————————————————————-
————————————————————————-

Anlagen für Patienten

Anlage 1

Vorab per Fax:

Krankenkasse ***
Straße
Ort

Ort, Datum

Antrag auf Behandlung mit Botulinum Toxin

Sehr geehrte Damen und Herren,

bei mir liegt seit *** eine Erkrankung *** vor. Meine behandelnde Ärztin / mein behandelnder Arzt hat mir nunmehr eine Therapie mit Botulinum Toxin nahegelegt. Bei dieser Therapie könnte es sich um eine Behandlung mit dem Medikament außerhalb der Indikationen handeln, für die Botulinum Toxin zugelassen ist. Allerdings liegen die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 a SGB V vor, nach denen Sie auch bei einer Off Label-Behandlung zur Kostenerstattung verpflichtet sind. Meine Erkrankung ist wertungsmäßig mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung zu vergleichen. Die Beschwerden, die ich täglich ohne eine Behandlung mit Botulinum Toxin hinnehmen muss, reichen von *** bis ***. Eine zugelassene alternative Behandlungsmöglichkeit besteht nicht. Durch die Behandlung mit Botulinum Toxin werden nicht nur die Schmerzen gelindert, sondern auch der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst. Über die Vor- und Nachteile der Behandlung wurde ich ebenso aufgeklärt, wie über die Haftungsrisiken.

Ich erwarte innerhalb von drei bzw. fünf Wochen gemäß § 13 Abs. 3 a SGB V eine Stellungnahme Ihrerseits bzw. eine Erklärung meinem Arzt gegenüber, dass Sie keinen Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens wegen Anwendung eines Arzneimittels außerhalb der zugelassenen Indikation stellen werden. Sofern ich nichts von Ihnen innerhalb der Frist höre, gehe ich von einer Kostenerstattung aus.

Mit freundlichen Grüßen

————————————————————–

Anlage 2

Vorab per Fax:

Krankenkasse ***
Straße
Ort

Ort, Datum

Antrag auf Behandlung mit Botulinum Toxin

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Schreiben vom ***, das Ihnen per Fax vom *** zugegangen ist, hatte ich um Kostenübernahme bzw. um Verzichtserklärung auf Feststellung eines sonstigen Schadens für die Behandlung meiner Erkrankung mit Botulinum Toxin-Medikamenten durch meinen Arzt gebeten. Die Frist des § 13 Abs. 3 a SGB V ist ergebnislos verstrichen. Ich habe keinerlei Nachricht von Ihnen erhalten. Die Leistung gilt somit als genehmigt.

Ich bitte daher um Erstattung der Kosten der Therapie, die ich zunächst vorgestreckt habe. Als Anlage übersende ich Ihnen die Rechnungen meines Arztes und des Apothekers. Die Kosten der Folgebehandlungen werden regulär mit Ihnen abgerechnet.

Mit freundlichen Grüßen

Hier können Sie das gesamte Schreiben als PDF herunterladen.
Bitte beachten Sie, dass unsere Produkte urheberrechtlich geschützt sind.

§ 2 SGB V Leistungen

Bitte beachten Sie, dass unsere Produkte urheberrechtlich geschützt sind.

 

§ 2 SGB V Leistungen – dejure.org

Fünftes Buch Sozialgesetzbuch
– Gesetzliche Krankenversicherung –

Erstes Kapitel – Allgemeine Vorschriften (§§ 14a)

§ 2 Leistungen

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen können auf Antrag auch als Teil eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets erbracht werden; § 17 Abs. 2 bis 4 des Neunten Buches in Verbindung mit der Budgetverordnung und § 159 des Neunten Buches finden Anwendung. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

Fassung aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) vom 22.12.2011

(BGBl. I S. 2983)

Bitte beachten Sie, dass unsere Produkte urheberrechtlich geschützt sind.

Änderungen im Patientenrechtegesetz für Patientenanträge

Bitte beachten Sie, dass unsere Produkte urheberrechtlich geschützt sind.

Wie Sie vielleicht bereits wissen, plant unser Gesetzgeber, die Rechte der Patienten zu stärken. Daher befindet sich das sogenannte Patientenrechtegesetz in Arbeit. Hier plant der Gesetzgeber die Einführung eines § 13 Abs. 3 a SGB V.

Danach muss eine Krankenkasse über einen Antrag auf Leistung innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang oder in den Fällen, in denen der MDK hierzu Stellung nehmen muss, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang über den Antrag entscheiden. Dem Medizinischen Dienst wird eine Frist gesetzt. Er muss innerhalb von drei Wochen eine gutachtliche Stellungnahme abgeben. Versäumt die Krankenkasse mitzuteilen, dass sie diese Frist nicht einhalten kann, kann der Patient der Krankenkasse eine angemessene Frist für die Entscheidung über den Antrag mit der Erklärung setzen, dass er sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschafft. Beschafft sich dann der Patient nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der Kosten in der entstandenen Höhe verpflichtet.

Dies bedeutet, wenn eine Krankenkasse über einen Antrag auf Leistung nicht innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang oder wenn der Medizinische Dienst beteiligt ist, nach fünf Wochen entscheidet, muss sie die Verzögerung begründen. Unterlässt sie dies, so gilt der Antrag als genehmigt. Zuvor muss allerdings der Versicherte der Krankenkasse eine angemessene Frist setzen und androhen, sich die erforderliche Leistung selbst zu beschaffen.

Simone Vogt
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht

Bitte beachten Sie, dass unsere Produkte urheberrechtlich geschützt sind.

Europäische Leitlinien 2013 für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln

Der Großhandelsvertrieb von Arzneimitteln ist ein wichtiger Bestandteil der Versorgungskette und umfasst viele Wirtschaftsakteure. Die GDP-Leitlinien (Good Distribution Practice) für die „Gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln“ (2013/C 68/01) enthalten Instrumente, um die „Großhändler“ bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen und sollen u.a. verhindern, dass gefälschte Arzneimittel in die legale Lieferkette gelangen.

Folgender optisch abgesetzter Abschnitt stammt aus dem GLOSSAR der offiziellen deutschen Fassung:

Validierung Nachweis, dass jedes Verfahren, jeder Prozess, jeder Ausrüstungsgegenstand, jedes Material, jede Tätigkeit oder jedes System tatsächlich zum Erreichen der erwarteten Ziele führt (Vgl. auch „Qualifizierung“).
(Definiert in EudraLex, Band 4, im Glossar zu den Leitlinien für die gute Herstellungspraxis)

 

Deutsche Fassung:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2013:068:0001:0014:DE:PDF

Englische Fassung:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2013:068:0001:0014:EN:PDF

Quelle:
Europäische Union: Gute Vertriebspraxis

BEANTRAGUNG VON LEISTUNGEN IM OFF-LABEL-VERFAHREN: VERÄNDERUNGEN DURCH DAS NEUE PATIENTENRECHTEGESETZ

Bitte beachten Sie, dass unsere Produkte urheberrechtlich geschützt sind.

Mit Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes haben sich die Regeln über die Kostenerstattung für vom Patienten beantragte, aber abgelehnte Leistungen geändert. Dies betrifft auch Anträge für die Anwendung von Botulinumtoxin-Medikamenten im Off-Label-Verfahren, d.h. wenn die Anwendung des Arzneimittels außerhalb der zugelassenen Indikation erfolgen soll. Das neue Recht bietet Gelegenheit, schneller zu einer Entscheidung bezüglich der Kostenerstattung zu kommen.

Die Krankenkassen sind seit dem 26. Februar 2013 verpflichtet, über einen solchen Antrag innerhalb von 3 Wochen zu entscheiden. Ein entsprechender Antrag ist als Anlage 1 diesem Schreiben beigefügt. Zwar hatte auch bislang bereits der Patient einen Anspruch auf Erstattung derjenigen Kosten, die ihm durch eine notwendige Leistung entstanden sind, wenn die Erstattung von der Kasse entweder nicht rechtzeitig erfolgte oder zu Unrecht abgelehnt wurde (§ 13 Abs. 3 SGB V). In der Praxis konnte ein solcher Anspruch vor Gericht aber nur dann durchgesetzt werden, wenn der Patient eine schriftliche Ablehnung der Krankenkasse vorlegen konnte. Entschied die Krankenkasse nicht oder verzögerte die Entscheidung erheblich, lief der Anspruch ins Leere.

Im neuen § 13 Abs. 3a SGB V ist jetzt festgelegt, dass die Krankenkasse über einen solchen Antrag „zügig, spätestens bis zum Ablauf von 3 Wochen nach Eingang“ zu entscheiden hat. Kann die Krankenkasse diese Frist nicht einhalten, muss sie dem Patienten dies unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mitteilen. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

Hält die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich, muss sie diese unverzüglich einholen und hat den Patienten darüber zu informieren. Die Begutachtung erfolgt durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse innerhalb von 3 Wochen. In diesem Fall beträgt die Frist für die Krankenkasse, über den Antrag auf Leistung zu entscheiden, 5 Wochen nach Antragstellung. Nach Ablauf dieser Frist gilt die Leistung ebenfalls als genehmigt.

Wenn sich der Patient nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst beschafft, ist die Krankenkasse zur Erstattung der dadurch entstandenen Kosten verpflichtet. Ein solches „Selbstbeschaffen“ kann zum Beispiel darin bestehen, dass der Arzt mit dem Patienten eine Vereinbarung darüber trifft, die Behandlung durchzuführen und dem Patienten eine privatärztliche Rechnung auszustellen. Diese Rechnung kann der Patient dann bei der Krankenkasse zur Erstattung einreichen. Dies kann mit dem in der Anlage 2 angefügten Begleitschreiben geschehen.

Prof. Dr. med. Dr. iur. Christian Dierks Dr. F. Adib Saberi
Rechtsanwalt  Nervenärztin
DIERKS + BOHLE Rechtsanwälte  IAB – Interdisziplinärer Arbeitskreis Bewegungsstörungen

————————–

Anlage 1

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin bei Ihnen unter der Versicherungsnummer … versichert und leide unter ……… Mein Arzt/meine Ärztin beabsichtigt, meine Erkrankung mit Botulinumtoxin-Medikamenten zu behandeln. Zwar würde die Behandlung außerhalb des zugelassenen Anwendungsgebietes des Arzneimittels erfolgen, allerdings liegen die Voraussetzungen für eine Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung in diesem Fall vor:

  • Es handelt sich um eine schwerwiegende Erkrankung.
  • Es besteht keine therapeutische Alternative.
  • Es besteht eine Aussicht auf Behandlungserfolg.
  • Da es sich bei meiner Krankheit um eine sehr seltene Erkrankung handelt, ist
    nicht zu erwarten, dass hierfür eine Zulassung des Arzneimittels beantragt
    werden wird.

Ich wurde über die Vor- und Nachteile dieser Behandlung ausführlich aufgeklärt. Mir ist bekannt, dass Sie als meine Krankenkasse nicht für die Genehmigung von Anwendungen von Arzneimitteln zuständig ist. Ich fordere Sie auf, gegenüber meinem Arzt zu erklären, dass Sie in meinem Fall von der Stellung eines Antrags auf Feststellung eines sonstigen Schadens wegen Anwendung eines Arzneimittels außerhalb der zugelassenen Indikation Abstand nehmen.

Mit freundlichen Grüßen

————————–

Anlage 2

Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Schreiben vom ….. hatte ich um die Kostenübernahme bzw. die Verzichtserklärung auf Feststellung eines sonstigen Schadens bei meiner Erkrankung mit Botulinumtoxin-Medikamenten durch meinen behandelnden Arzt gebeten. Nach Ablauf der Dreiwochenfrist des § 13 Absatz 3a SGB V hatte ich hierzu von Ihnen keine Nachricht erhalten. Die Leistung gilt damit als genehmigt.

Ich bitte daher um Erstattung der mir durch die Selbstbeschaffung entstandenen Kosten. Die entsprechende privatärztliche Rechnung meines Arztes habe ich in der Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen

Hier können Sie das gesamte Schreiben als PDF herunterladen.
Bitte beachten Sie, dass unsere Produkte urheberrechtlich geschützt sind.

GBA zu Spasmodischer Dysphonie

Beschluss

des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage VI – Off-Label-Use Clostridium botulinum Toxin Typ A (OnabotulinumtoxinA, AbobotulinumtoxinA) bei Spasmodischer Dysphonie (Laryngealer Dysphonie)
Vom 21. März 2013

PDF zu Beschluss + tragenden Gründen

Aktion Hartmannbund Niedersachsen

Hierzu hat Hartmannbund Niersachsen einen Vordruck für die Aufforderung an die Ärztekammer Niedersachsen, den § 32 der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer zu übernehmen, entwickelt.

Weitere Informationen erhalten Sie direkt beim

Landesverband Niedersachsen
Hartmannbund – Verband der Ärzte Deutschlands e. V.
Berliner Allee 20
30175 Hannover

Telefon 0511 • 34 49 00
Telefax 0511  • 34 81 833

lv.niedersachsen@hartmannbund.de
www.hartmannbund.de

Verbot der Unterstützung von Kongressteilnahmen durch die Industrie?

Ein Artikel im Niedersächsischen Ärzteblatt (1/2013, Seite 35) hat jüngst zu erheblicher Verunsicherung geführt. In dem Bericht wird in der Balkenüberschrift behauptet, ‚dass Ärzte von der pharmazeutischen Industrie keine Zuwendungen (Übernahme von Hotel- und Anreisekosten, Tagungsgebühren) entgegennehmen dürfen, welche die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung ermöglichen oder unterstützen.‘ Anlass der Pressemitteilung war eine Änderung der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen, die im Februar dieses Jahres in Kraft getreten ist.

Liest man die in diesem Artikel vorgestellten geänderten Paragraphen der Niedersächsischen Berufsordnung, d.h. die Paragraphen 30-33, so ist man erstaunt, dass sich keinerlei Belege für die in der Balkenüberschrift aufgestellten Behauptungen finden. Das gilt auch für die übrigen Paragraphen der Berufsordnung.

Auf Nachfrage bestätigte sowohl das Beschlussgremium als auch die Ärztekammer Niedersachsen, dass eine solche Änderung der Berufsordnung keinesfalls beabsichtigt sei. Eine öffentliche Richtigstellung befinde sich in Vorbereitung.

Also: typischer Fall von Zeitungsente. Peinlich für das offiziöse Niedersächsische Ärzteblatt, das aber wenigsten auf diese Weise in den letzten Tagen häufiger mal gelesen worden sein dürfte.

Peinlicher noch zumindest für die Firmen, die schon mal vorab im großen Stil niedersächsische Ärzte von der Zusage zur Unterstützung der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen wieder ausgeladen haben.

Lesen bildet, auch wenn es das Kleingedruckte in einem juristischen Text ist. Und: Auch in Zukunft wachsam bleiben…