Q: Professor Dressler, die Corona-Krise hat zu massiven Beeinträchtigungen der Botulinumtoxin-Therapie geführt. Was ist passiert?
Dressler: In der Corona-Krise wurden zahlreiche Regelleistungen der medizinischen Versorgung massiv eingeschränkt. Dies hat auch die Versorgung der Patienten mit einer Botulinumtoxin-Therapie betroffen. Zahlreiche ambulante Behandlungen wurden über lange Zeiträume eingestellt.
Q: Wo ist das passiert?
Dressler: Dies ist zum Beispiel in der Neurologischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover passiert. Hier hat der Shutdown 6 Wochen angehalten. Wir wissen aber auch von vielen anderen Hochschulambulanzen und Kliniksambulanzen, bei denen dasselbe passiert ist. Interessanterweise haben die wenigen niedergelassenen Kollegen, die Botulinumtoxin-Therapien anbieten, am längsten versucht, ihre Patienten zu betreuen.
Q: Wie kam es dazu?
Dressler: Bei uns in Hannover wurde behauptet, das Landes-Gesundheitsministerium habe diese ambulanten Behandlungen verboten. Dabei hatte das Gesundheitsministerium lediglich angeordnet ‚alle noch nicht begonnenen und nicht-dringlichen Behandlungen‘ zu stoppen. Beides trifft natürlich auf die allermeisten Patienten, die eine Botulinumtoxin-Therapie erhalten, gar nicht zu.
Q: Was sollte mit dem Shutdown erreicht werden?
Dressler: Zum einen sollten Behandlungskapazitäten für Corona-Patienten geschaffen werden. Zum anderen sollte das allgemeine Infektionsrisiko gesenkt werden.
Q: Können Sie das nachvollziehen?
Dressler: Nein. Wir Ärzte sind ja zum Teil gegen unseren Willen in Urlaub geschickt worden. Andere Ärzte mussten im Homeoffice arbeiten. Neurologen wären darüber hinaus auch nur bedingt einsatzbereit, um – insbesondere beatmungspflichtige – Corona-Patienten zu versorgen. Natürlich besteht immer und überall ein allgemeines Infektionsrisiko, aber das hat ja – zum Glück – auch nicht dazu geführt, dass Lebensmittelgeschäfte geschlossen worden wären. Und für uns Ärzte gilt: Wir müssen darauf eingerichtet sein, auch infektiöse Patienten zu behandeln.
Q: Welche Auswirkungen hat der Shutdown für die Patienten gehabt?
Dressler: Dazu haben wir zusammen mit IAB – Interdisziplinärer Arbeitskreis Bewegungsstörungen eine Studie angefertigt, die gerade abgeschlossen werden konnte.
Q: Was sind die wesentlichen Ergebnisse?
Dressler: Die Studie basiert auf einer Fragebogen-Aktion bei 45 Patienten mit Zervikaler Dystonie, Blepharospasmus, Spastik, Spasmus hemifacialis und Schmerzindikationen, deren Behandlung durch den Corona-Shutdown um mindestens 2 Wochen verzögert worden ist. 93% der Patienten klagten über eine Zunahme ihrer Muskelkrämpfe, 82% über eine Zunahme ihres Schmerzes in der Zeit des Shutdowns. Dadurch wurde die Lebensqualität der Patienten in dieser Zeit durchschnittlich um 40.2±19.5% reduziert. Interessanterweise fanden sich diesbezüglich keine wesentlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Indikationen. Das heißt, auch der Spasmus hemifacialis ist für die Patienten eine gravierende Erkrankung, dessen Nicht-Behandlung zu deutlichen Beeinträchtigungen der Lebensqualität führen kann.
Q: Was heißt das für die Einschätzung der Relevanz der Botulinumtoxin-Therapie durch die Patienten?
Dressler: Auch dazu haben wir Daten erhoben: 66% der Patienten schätzen nach dem Shutdown die Relevanz der Botulinumtoxin-Therapie höher ein als zuvor. 32% fühlten sich in ihrer ursprünglichen Einschätzung der Botulinumtoxin-Therapie bestätigt. Das ist eine sehr eindrucksvolle Bestätigung der positiven Effekte der Botulinumtoxin-Therapie.
Q: Welche Relevanz spielt die Langzeitversorgungssicherheit bei der Botulinumtoxin-Therapie?
Dressler: Dies ist ein ganz entscheidender Faktor: 98% der Patienten halten die Versorgungssicherheit für wichtig oder sehr wichtig. Sehr viele Patienten waren enttäuscht, dass gerade große Institutionen mit zahlreichen Ärzten, bei denen sie zum Teil seit vielen Jahren in Behandlung sind, hier versagt haben.
Q: Was bedeuten diese Ergebnisse für die Selbsthilfegruppen, die zum Beispiel Patienten mit Dystonie vertreten?
Dressler: Für alle von uns, die seit Jahrzehnten für die öffentliche Wahrnehmung der Dystoniepatienten gekämpft haben, sind diese Ergebnisse ernüchternd. Wir haben es ganz offensichtlich nicht verstanden, dass Dystonie als eine gravierende Erkrankung wahrgenommen wird. Dies gilt ganz offensichtlich nicht nur für die allgemeine Öffentlichkeit, sondern auch für die medizinische Öffentlichkeit.
Q: Was schlagen Sie vor?
Dressler: Ich kann nur dafür plädieren, unsere Anstrengungen zur Wahrnehmung von Dystonien, Spastiken und anderen neurologischen Bewegungsstörungen zu intensivieren. Hier muss der nötige Druck generiert werden, damit es nicht noch einmal zu solchen gravierenden Fehlentscheidungen kommt. Vielleicht kann uns die Corona-Krise hier die Augen öffnen und uns zu verstärkten Anstrengungen motivieren.
Q: Professor Dressler, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Universitätsprofessor Prof. h.c. Dr. Dirk Dressler
Leiter des Bereichs Bewegungsstörungsstörungen
Klinik für Neurologie
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Str. 1
D-30625 Hannover
dressler.dirk@mh-hannover.de
„Ich freue mich sehr über das Buch „Jean-Pierre Bleton: Zervikale Dystonie – Leitfaden für die Physiotherapie“ und bin sehr dankbar, dass ich die fachlich fundierten Übungen nun in meine Therapie integrieren kann. Die zusammengestellten Informationen sind wirklich Gold wert! DANKE!“
K. Gumplmayr, MSc, Biologin aus Österreich
„Besten Dank für Ihre wertvollen Einsätze bei IAB!“
A. Kl., Personalfachkauffrau i. R., Hamburg
„Ich schätze an IAB besonders die Möglichkeit sich bundesweit mit Experten zu vernetzen dank vieler Online Angebote.“
Mirko Lorenz, Selbständiger Taiji und Qigong Meister. Inhaber und Gründer von Keep Moving dem Training bei Bewegungsstörungen in Berlin
„Sowohl privat als auch beruflich habe ich mich schon lange mit dem Thema Bewegung auseinandergesetzt und bin für den professionellen, gemeinsamen Austausch mit den Expert*innen vom IAB dazu dankbar. Ich habe in den Gesprächen immer wieder inspirierende Denkanstöße sowie fundiert-fachliche Einsichten erhalten – diese haben die Entwicklungsphase meines von mir eigens entwickelten Produktes, dem CityCaddy, geprägt und positiv beeinflusst. Mit Markteintritt des CityCaddy – er ist Shopper, Trolley und moderne Gehhilfe in einem – hat sich der gemeinsame Nenner zum IAB noch verstärkt. Eine größtmögliche Mobilität haben wir beide im Fokus, sowohl für ältere als auch für körperlich eingeschränkte Menschen. Ich schätze das breite, interdisziplinäre und dennoch fokussierte Netzwerk vom IAB sehr und würde allen Interessierten und Betroffenen diesen wertvollen Kontakt empfehlen.“
Prof. Elke Jensen, em. Design-Professorin, Gründerin und Geschäftsführerin CityCaddy Hamburg, Deutschland
„Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um noch einmal zum Ausdruck zu bringen, wie sehr ich Ihre online Seminare schätze und möchte mich bei Ihnen für diese kostenfreie Wisssensvermittlung herzlich bedanken.
Für mich ist die Teilnahme an den IAB-Weiterbildungsseminaren immer ein großer Gewinn. Dabei erfahre ich von ausgewählten Experten neue Erkenntnisse über Behandlungsmethoden bei Krankheitsbildern, die auch außerhalb meines Fachbereiches liegen und was ich dann an meine Patienten weitergeben kann.
Diese Fortbildungsseminare waren immer eine leicht zugängliche, stets anregende und unverzichtbare Form, meinen Wissenstand über Bewegungsstörungen zu erweitern. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg mit diesen Seminaren und freue mich schon auf das hoffentlich bald stattfindende nächste Seminar.“
Dr. Luitgard Wiest, München
„Als Betreiberin von „Dystonie Online“, einer selbsthilfegeleiteten Informationsplattform für Dystoniebetroffene, deren Angehörige und Interessierte, nehme ich regelmäßig vor allem an digitalen Formaten teil. Besonders positiv ist, dass es den Veranstaltenden stets gelingt, medizinische Expert:innen und Laien sprachlich-inhaltlich zueinander zu bringen. Bei weitem nicht selbstverständlich. Um so bemerkenswerter. Danke dafür!“
Eileen Lensch (Dystonie Online), Kiel
„Die Vorträge und Beiträge waren für mich sehr bereichernd und bringen mich in Bezug auf meine zervikale Dystonie wieder weiter. Ich bin sehr dankbar, durch meine ständige Suche im Internet auf Ihren Arbeitskreis gestoßen zu sein.“
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„Seit über 10 Jahren profitiere ich von den Veranstaltungen, die von IAB organisiert werden. Sie halten mich immer auf dem Laufenden, was es Neues und Aktuelles zum Thema Bewegungsstörungen gibt. Auch die Patienten profitieren davon und sind sehr dankbar dafür. Bitte machen Sie weiter so 👏.“
Karin Wolff, Physiotherapeutin in Hannover
Erzählen Sie doch ein auch wenig von Ihren Erfahrungen mit IAB!