Die Corona-Krise hat das deutsche Gesundheitssystem mit voller Wucht getroffen. Vordergründig scheint es, als ob dabei das deutsche Gesundheitssystem die Belastungsprobe bestanden hätte: Nicht ohne eine gehörige Portion Selbstzufriedenheit zeigen Politik und Funktionäre des Systems auf die Probleme anderer Länder. Also kein Grund zu einer kritischen Bestandsaufnahme?
Im folgenden sollen die Ereignisse in der Botulinumtoxin-Ambulanz der Medizinischen Hochschule Hannover in der Zeit des vorläufigen Höhepunkts der Corona-Krise im Frühjahr 2020 dargestellt und analysiert werden.
Seit Anfang März 2020 rückte die Corona-Epidemie zunehmend in das Interesse der deutschen Öffentlichkeit. Am 17. März 2020 wies daher das niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung mit der Niedersächsischen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Virus-Krankheit COVID-19 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt, 74. Jahrgang, 19.03.20, S. 37) an, dass in ‚Krankenhäusern, die in den Krankenhausplan des Landes Niedersachsen nach §4 des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes aufgenommen sind, oder einen Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGBV) abgeschlossen haben, noch nicht begonnene medizinische Eingriffe und Behandlungen auszusetzen sind, die nicht dringlich medizinisch notwendig sind.‘ Damit sollten Behandlungskapazitäten für Corona-Patienten freigehalten werden und das allgemeine Infektionsrisiko gesenkt werden. Am 05. Mai 2020 wurde diese Auflage wieder gestrichen. Auf Grund dieser Verordnung wurde durch die Leitung der Klinik für Neurologie ab dem 23. März die Botulinumtoxin-Ambulanz der Medizinischen Hochschule bis zum 05. Mai 2020 geschlossen. In diesen 6 Wochen wurden etwa 400 bis 500 Patienten mit Dystonie, Spastik, Migräne und anderen Krankheitsbildern nicht behandelt. Dabei wurde ihnen lediglich mitgeteilt, dass die Behandlung nicht erfolgen könne und dass Ersatztermine bis auf weiteres nicht absehbar seien. Bei zahlreichen Patienten fanden gleichzeitig auch die wohnortnahe Physiotherapie und Ergotherapie nur eingeschränkt statt und die Erreichbarkeit der primär behandelnden Haus- und Fachärzte war reduziert.
Eine vorläufige Evaluierung bei 35 Patienten ergab, dass es durch diese Maßnahme zu vermehrten Muskelverkrampfungen, erhöhtem Schmerz und zu einer substantiellen Einschränkung der Lebensqualität gekommen ist. Fast alle Patienten konnten die Unterbrechung der Botulinumtoxin-Therapie nicht nachvollziehen. Sie fanden diese Maßnahme unangemessen, fühlten sich mit ihren Beschwerden nicht ernst genommen und waren enttäuscht abgewiesen zu werden, obwohl sie bereits seit Jahren Patienten in der Botulinumtoxin-Ambulanz waren.
Nach der Wiedereröffnung der Botulinumtoxin-Ambulanz liegt der momentane Behandlungskapazität bedingt durch die Corona-Vorsichtsmaßnahmen (Ausdünnung der Wartebereiche, Intensivierung von Hygienemaßnahmen, zusätzliches Gesundheitsscreening der Patienten etc.) allenfalls bei 30 bis 50% der ursprünglichen Kapazität. Wie so ein geregelter Routinebetrieb und das Abarbeiten des nicht behandelten Patienten-Überhangs erfolgen sollen, ist völlig unklar.
Recherchen haben ergeben, dass es im Verlauf der Corona-Pandemie auch in anderen Kliniken zu ähnlichen Maßnahmen gekommen ist und dass die Corona-Vorsichtsmaßnahmen auch in anderen Kliniken die laufenden Behandlungskapazitäten reduzieren.
Die generelle Einstufung der Botulinumtoxin-Therapie als nicht dringlich medizinisch notwendig und die fehlende Berücksichtigung der Tatsache, dass die Behandlung bereits vor langem begonnen und unbedingt fortgeführt werden muss, hatte für die betroffenen Patienten gravierende negative Folgen. Bei einzelnen Patienten, etwa mit schwerer Spastik, können durch die zwischenzeitliche Ausbildung von Kontrakturen auch irreversible Schäden nicht ausgeschlossen werden. Die konkrete Auslegung und Umsetzung der – naturgemäß – allgemeinen gesetzlichen Vorgaben entsprach nicht den gesetzlichen Vorgaben, war in der Sache nicht angemessen und hat die berechtigten Bedürfnisse der betroffenen Patienten nicht berücksichtigt. Sie hat weder dazu geführt, zusätzliche Behandlungskapazitäten für Corona-Patienten zur Verfügung zu stellen noch hat sie erkennbar das allgemeine Infektionsrisiko gesenkt.
Eine Botulinumtoxin-Therapie ist eine fortlaufende medizinische Therapie, die ein in den allermeisten Fällen gravierendes medizinisches Problem symptomatisch behandelt und die eine zeitgerechte Wiederholung der Botulinumtoxin-Gaben zur Voraussetzung hat. Durch ein Aussetzen der Therapie entsteht eine gravierende Reduktion der Lebensqualität der Patienten. In manchen Fällen sind auch bleibende Schäden nicht auszuschließen.
In der Zwischenzeit zeichnet sich ab, dass durch die ähnliche exzessive Auslegung des Begriffs nicht dringlich medizinisch notwendig auch andere Patientengruppen in Deutschland zu Schaden gekommen sind und zwar unabhängig von den jeweiligen bundesländerspezifischen Verordnungen. Eine Aufarbeitung der Reaktion des Gesundheitssystem auf die Corona-Pandemie ist dringend notwendig. Verantwortlichkeiten müssen transparent gemacht werden und es muss sichergestellt werden, dass es in ähnlichen Krisensituationen, die mit Sicherheit erneut auftreten werden, nicht zu ähnlichen Fehlbeurteilungen kommt. Dies ist umso dringender, als ein Wiederaufflammen des Corona-Infektionsgeschehens insbesondere im Herbst durchaus nicht auszuschließen ist.
Die jetzt anlaufenden Auswertungen werden zeigen, welche Schäden durch die Corona-Krankheit selbst und welche durch Corona-Maßnahmen hervorgerufen worden sind. Also: Kein Grund zur Selbstzufriedenheit, sondern Zeit der nüchternen Selbstkritik.
Hannover, 21. Mai 2020
Univ.-Prof. Prof. h.c. Dr. Dirk Dressler
Leiter des Bereichs Bewegungsstörungen
Klinik für Neurologie
Medizinische Hochschule Hannover
Hannover
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