In den letzten Jahren sind zahlreiche neue Therapieansätze von Bewegungsstörungen entwickelt worden, die Kombinationen von ärztlichen und nicht-ärztlichen Therapien erfordern. Die oft hohe Komplexität dieser Behandlungen bei gleichzeitigem Fehlen geschulten Betreuungspersonals, das diese Therapien Zuhause beim Patienten begleiten könnte, stellt jedoch ein erhebliches Problem dar. Darüber hinaus ist die Therapie der Symptome und der Sekundärkomplikationen seit Jahren vernachlässigt worden. Bei zahlreichen Bewegungsstörungen ist die öffentliche, aber auch die ärztliche Wahrnehmung unterentwickelt, sodass hier eine erhebliche Dunkelziffer vorliegt.
In den meisten Gesundheitssystemen ist ein multidisziplinärer Ansatz bei der Behandlung der Bewegungsstörungen nicht ausreichend berücksichtigt. Zahlreiche strukturelle Probleme stellen erhebliche Hürden dar. Die Ausbildung von Ärzten und nicht-ärztlichen Therapeuten ist getrennt. Dies bewirkt Synchronisationsdefizite in der Kommunikation und bei der Konzeptbildung. In den meisten Ländern ist die Ausbildung der nicht-ärztlichen Therapeuten nicht akademisch. Dies hat erhebliche negative Auswirkungen für Forschung und Entwicklung in diesem Bereich. Behandlungen basieren auf Glauben und Tradition anstatt auf Diskursen, Kontroversen und Studien. Bislang werden nicht-ärztliche Therapien kaum evaluiert. Behandlungsstandards und Behandlungsrichtlinien fehlen. In der Medizin ist die Abgrenzung zwischen den einzelnen Fachrichtungen ebenfalls profund. Die Entwicklung von spezialisierten Zentren für bestimmte Krankheitsbilder wird durch die Gesundheitssysteme meist nicht gefördert.
Ein weiteres Hindernis ist die falsche Perzeption des Begriffs Rehabilitation. Üblicherweise werden alle nicht-ärztlichen Therapien unter dem Begriff Rehabilitation zusammengefasst. Nach aktuellem Verständnis ist Rehabilitation akut und nicht chronisch. Wie bereits aus dem Begriff hervorgeht, versucht Rehabilitation eine Art der Heilung. Bei chronischen Erkrankungen, zumal wenn sie progredient sind, ist das unrealistisch. Realistische Therapieziele sind hier Vermeidung von Verschlechterung oder Krankheitsbewältigungs-Strategien. Einrichtungen, die eine niedrig-intensive, aber langzeitige Rehabilitation anbieten, fehlen weitgehend.
Insgesamt kann eine Verbesserung der Behandlungs-Situation nur erreicht werden, wenn es gelingt, Kommunikation, Ausbildung und Öffentlichkeit im Bereich der Bewegungsstörungen zu optimieren.
IAB – Interdisziplinärer Arbeitskreis Bewegungsstörungen fördert eine langzeitige, multidisziplinäre und ambulante Behandlung von Bewegungsstörungen. IAB wurde 2006 in Hamburg durch Dr. Fereshte Adib Saberi gegründet und wird seit 2010 als Modellprojekt durch die Medizinische Hochschule Hannover unterstützt.
IAB basiert auf dem Ansatz, interdisziplinäre Therapien von Bewegungsstörungen durch Netzwerkbildung, Ausbildung, Kommunikation und Information zu fördern. Ärztliche IAB-Partner in diesem Netzwerk sind z.B. Neurologen, Rehabilitations-Mediziner, Pädiater, Neurochirurgen und Orthopäden. Nicht-ärztliche IAB-Partner sind Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Krankenpflegekräfte. Weitere IAB-Partner können Pflegende, Familienangehörige und Patienten sein.
Kommunikation soll die Zusammenarbeit der unterschiedlichen ärztlichen und nicht-ärztlichen Therapeuten mit den Patienten und ihrem Umfeld verbessern. Information soll das Wissen der Therapeuten und Betroffene über Bewegungsstörungen und ihre Behandlung verbessern und Öffentlichkeit soll die Wahrnehmung von Bewegungsstörungen durch die Öffentlichkeit, aber auch durch bislang noch nicht informierte Therapeuten verbessern. Unser Projekt dient der Vernetzung und Weiterbildung aller Therapeuten, die in der Versorgung von Patienten mit Bewegungsstörungen involviert sind. Damit leistet unser Projekt einen Beitrag zur kurz-, mittel- und langfristigen Verbesserung der Versorgung und der Lebensqualität der betroffenen Patienten und ihrer Angehörigen. Es steigert aber auch die Zufriedenheit der beteiligten Therapeuten.
IAB basiert auf den Regionalgruppen, die sich in mehreren Städten Deutschlands regelmäßig treffen. Diese Regionalgruppen entwickeln eigene Weiterbildungscurricula. Sie diskutieren Behandlungsstrategien, die auf individuellen Zielsetzungen basieren. Diese werden auf den Ebenen von Aktivität und Teilhabe an der Gesellschaft überprüft und gefördert. Daneben werden die allgemeine Fitness und Selbstübungen unterstützt und Vermeidungshaltungen identifiziert und korrigiert.
IAB besitzt einen Veranstaltungsarm, der singuläre Veranstaltungen zu verschiedenen Aspekten von Bewegungsstörungen durchführt.
Der IAB-Publikationsarm produziert Lehr-Videos und Materialien zur Verbesserung der interdisziplinären Kommunikation und Skalen zur Quantifizierung von Krankheiten und von Therapieeffekten. Die Erstellung und Publikation von nationalen und internationalen Leitlinien gehört zu den wichtigen IAB-Aktivitäten.
Die IAB Akademie bietet systematische Seminare und Kurse zu allen relevanten Bewegungsstörungsthemen für Therapeuten, aber auch für Patienten, Angehörige und medizinische Laien.
Die IAB-Internetseite dient als zentraler Marktplatz, um Aktivitäten anzukündigen, Studienergebnisse zu publizieren und Kongressberichte zu kommunizieren. Sie enthält Informationen aus dem Gesundheitssystem. Diese Daten können auch für Patienten auf der Suche nach geeigneten Therapeuten und Experten hilfreich sein.
Die Arbeit von IAB wird unterstützt von einem multiprofessionellen wissenschaftlichen Beirat.
„Als Betreiberin von „Dystonie Online“, einer selbsthilfegeleiteten Informationsplattform für Dystoniebetroffene, deren Angehörige und Interessierte, nehme ich regelmäßig vor allem an digitalen Formaten teil. Besonders positiv ist, dass es den Veranstaltenden stets gelingt, medizinische Expert:innen und Laien sprachlich-inhaltlich zueinander zu bringen. Bei weitem nicht selbstverständlich. Um so bemerkenswerter. Danke dafür!“
Eileen Lensch (Dystonie Online), Kiel
„Die Vorträge und Beiträge waren für mich sehr bereichernd und bringen mich in Bezug auf meine zervikale Dystonie wieder weiter. Ich bin sehr dankbar, durch meine ständige Suche im Internet auf Ihren Arbeitskreis gestoßen zu sein.“
Brigitte Deimel, ausgebildete Übungsleiterin für Gymnastik und Wirbelsäulenerkrankungen und Dystonie-Erkrankte in Kirchseeon/Buch in Bayern
„Seit über 10 Jahren profitiere ich von den Veranstaltungen, die von IAB organisiert werden. Sie halten mich immer auf dem Laufenden, was es Neues und Aktuelles zum Thema Bewegungsstörungen gibt. Auch die Patienten profitieren davon und sind sehr dankbar dafür. Bitte machen Sie weiter so 👏.“
Karin Wolff, Physiotherapeutin in Hannover
Erzählen Sie doch ein auch wenig von Ihren Erfahrungen mit IAB!